Jedes Jahr findet am 18. und 19. Januar das Tauffest (ጥምቀት), das Epiphaniasfest unserer äthiopisch-orthodoxen Nachbarn statt. Es ist ein Gedenken an Jesu Taufe im Jordan durch Johannes den Täufer. Seit einigen Jahren sind wir aktiv beteiligt, indem wir am Samstag, an dem viele orthodoxe Gemeinden ihre Tabot (Kopien der Bundeslade) in einer feierlichen und farbenprächtigen Prozession (genannt Ketera) an unserer Kirche vorbei auf das Jan-Meda-Feld bringen. Mitglieder und Gäste unserer Gemeinde treffen sich bereits zum Mittagessen auf unserem Grundstück. Nach einer kurzen Einführung des Pastors zur Bedeutung des Timqät-Festes verteilen wir dann Wasser an alle vorbeiziehenden Gläubigen, die von den teilweise langen Märschen bin zum Jan-Meda-Feld sehr erschöpft und durstig sind. Was manchmal so ein bis zwei Becher Wasser ausmachen können, und was für eine große Freude und Erfrischung den Menschen so bereitet werden kann! Siehe auch Mt 10,42.
Unsere besondere Aktion erreicht auch die Medien, denn wir werden interviewt und in manch einem Fernsehsender waren wir abends zu sehen und zu hören. Unsere Aktion fusst auf einer Geschichte: unser Wächter Jaguar fiel einmal, als er versuchte, einen großen Banner an einem Strommast anzubringen, durch einen Stromschlag auf die Erde und verletzte sich sehr schwer. Dass er überlebt habe, führt er darauf zurück, dass im Moment seines Sturzes ein Tabot vorbeizog. Als orthodoxer Christ glaubt er, dass dies Schlimmeres verhindert habe. Aus Dankbarkeit heraus verteilte er seitdem jedes Jahr Wasser an die vorüberziehenden Menschen. Die Kirchengemeinde hat sich dem angeschlossen.
Am Sonntag ist dann der eigentliche Haupttag. Ab früh morgens 6 Uhr finden sich zehntausende Menschen auf dem Jan-Meda-Feld ein. Der Patriarch Abune Matthias und viele Bischöfe leiten den Gottesdienst, der von vielen tanzenden und singenden Priestern, Diakonen und Chören begleitet wird. Ein Medienspektakel, bei dem auch Drohnen über die Köpfe der Teilnehmenden fliegen. Der Höhepunkt ist die „Taufe“ der Tabots und vor allem der Gläubigen, die in der Hitze bei intensiver Sonne sich danach sehnen und alles unternehmen, um etwas vom geweihten und gesegneten Wasser abzubekommen. Dies wird mit Schläuchen auf die Mengen versprüht und gesprengt. Viele nehmen sich das Wasser, das im Verständnis der Gläubigen die Kraft hat zu heilen und zu reinigen, mit in Plastikflaschen.
Nach dem Gottesdienst ziehen die Teilnehmer mit den Tabots ihrer Kirchen wieder zurück zu ihren Gemeinden. Manche schauen auch am Sonntag den Vorbeiziehenden zu. Wie am Vortag sitzen manche auch auf der Mauer unseres Grundstücks, um zuzusehen. Enkwan lätimqät bäal bäsälam adäräsachuh – mälkam bäal! – Gut, dass ihr in Frieden das Timqätfest feiern könnt – wir wünschen euch ein friedliches Fest!